Eigentlich sollte ein Wirtschaftssystem einfach nur die Basis für eine gute Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen sein, doch irgendwie hat sich das Ganze verselbstständigt.

 

Ein Unternehmer gründet ein Unternehmen, um selbst davon leben zu können und für sein eingebrachtes Kapital eine gewisse Rendite, also einen Gewinn zu erzielen. Soweit die Grundidee. Wenn es gut läuft, kann er Leute beschäftigen und sein Unternehmen vergrößern. Wenn es sehr gut läuft, produziert er ein hilfreiches Produkt oder bietet eine sinnvolle Dienstleistung an und hilft damit auch dem Kunden weiter.

 

Problematisch wird es, wenn sich das Unternehmen und sein Gewinnstreben völlig von den Grundwerten entkoppelt. Es geht dann plötzlich nicht mehr um ein gerechtes Unternehmergehalt und das Bereitstellen eines wünschenswerten Produktes. Jetzt geht es darum, möglichst viel Gewinn zu erzielen, das Unternehmen immer noch größer wachsen zu lassen, am besten zum diktierenden Monopolisten zu werden, um maximale Marktkontrolle auszuüben. Das Produkt muss oder soll gar keinen echten Nutzen erfüllen, das Bedürfnis wird durch Marketing künstlich erschaffen. Der Kunde weiß ja ohnehin nicht, was er wirklich möchte. Werbung schafft es, dem Produkt einen ganz anderen Nutzen zu verleihen, Prestige. Das gilt für das Luxussegment genauso wie für biologische, nachhaltige oder sonstige mit Werten angefüllte Güter. Das Elektroauto kauft man, weil es hip ist, umweltbewusst zu sein. Der Status diktiert das Konsumverhalten. Ein Elektroauto ist aktuell dem Verbrenner keineswegs ökologisch überlegen. Besonders schlimm wird es, wenn die Wertschöpfung, nämlich das noch voll funktionsfähige alte Auto dank einer Umweltprämie vernichtet, also verschrottet wird.

 

Zurück zum Gewinnstreben der Unternehmen. Das Verlangen nach mehr, ein tief im Kapitalismus verankertes Wertesystem, bedarf mehr Kapital, um sich zu vergrößern. Das wiederum verlangt Investoren. Die Unternehmensform ist dabei nebensächlich. Aktiengesellschaften bieten ihre Aktienanteile an, GmbHs holen weitere Gesellschafter an Bord, Kommanditgesellschaften werben um Kommanditisten usw. Es spielt letztlich keine Rolle wer wie was. Was aber eine Rolle spielt, ist die Tatsache, dass sie jetzt ihren zusätzlichen Investoren verpflichtet sind, denn niemand gibt Geld, ohne eine entsprechende Verzinsung (Rendite) in Aussicht gestellt zu bekommen. Und die Investoren sind gierig. Sie sind nicht an einer nachhaltigen Unternehmensführung, guten Arbeitsbedingungen oder einem rücksichtsvollen Umgang mit der Umwelt interessiert. Sie möchten in erster Linie, dass viel für sie herausspringt.

 

Diese kapitalistische Form der Marktwirtschaft hat sich inzwischen völlig von der ursprünglichen Güterbereitstellung entkoppelt.

Heute diktieren Aktienkurse, Investmentfonds, Rankings und der fiktive Unternehmenswert die unternehmerischen Entscheidungen. Das spekulativ eingesetzte Geld, also z.B. die Wetten auf zukünftige Ereignisse, ist ein Vielfaches der realen Unternehmens- und Güterwerte. Deswegen explodieren in und um die Metropolen die Immobilienpreise, sie sind eine gute Anlage, und zwar für Investoren weltweit. Rund ein Drittel der Immobilieninvestitionen in deutschen Großstädten wird von internationalen Geldgebern getätigt.

 

Würde man einen Euro mehr pro T-Shirt bezahlen und würde dieser eine Euro bei den NäherInnen in Fernost ankommen, wären dort akzeptable Lebensbedingungen gewährleistet. Nur der Euro landet nicht bei den NäherInnen, er landet in der Dividendenausschüttung an die Aktionäre.

Menschenrechte, Umweltschutz, nachhaltiges Wirtschaften, organisches Wachstum usw. das alles kostet Geld, und deshalb bleibt es bei den leeren Versprechungen der Wirtschaftsbosse und Politiker.

Jeder schaut auf seinen Geldbeutel und sein Vorwärtskommen, Egozentrismus der kapitalistischen Sorte.

 

Wir dürfen zurück kommen zum Ursprung, zurück zur Bereitstellung von sinnvollen Gütern und einer fairen Vergütung aller Beteiligten. Weg von einer kurzsichtigen und kurzfristigen Ausrichtung, hin zu einer langfristigen Betrachtung der unternehmerischen Tätigkeit und ihren Folgen.

Es ist möglich, unternehmerisches Handeln ganzheitlich, nachhaltig und bedürfnisorientiert zu gestalten. Ansätze und Ideen gibt es genug. Gemeinwohlökonomie und Postwachstumsökonomie sind nur zwei prominente Beispiele einer möglichen neuen Ausrichtung. Neben den Shareholdern müssen die Stakeholder endlich Beachtung finden.

Wollen wir die Erde als unseren Lebensraum erhalten, bleibt uns gar keine Wahl, wir müssen jetzt handeln!